Das Herzensgebet, geschichtlicher Teil

Download MP3

Download PDF

Das Herzensgebet (Teil 1)

Ein großer Teil der Reflexionen über das Herzensgebet wurde bereits im Oktober 2018 niedergelegt! In der Reihe der geistlichen Betrachtungen ist es sinnvoll, dieses wertvolle Gebet noch einmal vorzustellen, denn es hilft uns sehr, in eine intensive Verbindung mit dem Herrn zu treten! Deshalb werden die Texte vom Oktober leicht überarbeitet und in den Rahmen der geistlichen Schulung eingefügt! Das Audio übernehmen wir weitgehend vom Oktober 2018!

Wer sein Gebetsleben bereichern und intensivieren will, findet in der Tradition der Ostkirche ein sehr wertvolles Gebet vor! Es ist das sogenannte „Herzensgebet“ oder auch „Jesusgebet“! 

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Dieses Gebet gehört zum reichen Schatz der Kirche und wird vor allem von Gläubigen der orthodoxen Kirche gebetet! Es ist keine Anleihe von den Meditationspraktiken anderer Religionen, sondern es ist genuin christlich! Derzeit findet diese Weise des Gebetes auch mehr den Zugang in die römische Kirche und vermag das Verlangen nach Stille und Sammlung in fruchtbarer Weise zu beantworten!

Der heilige Paulus fordert uns auf: „Betet ohne Unterlaß!“ (1Thess 5,17) Das beständige Gebet ist eine wunderbare Weise, wie sich das Herz unter dem Einfluß des Heiligen Geistes verwandeln kann; ausserdem ist es eine Waffe gegen die bösen Geister!

Die Ursprünge des Herzensgebetes finden sich in der Heiligen Schrift und wir kennen sie auch als Stoßgebete! Auch die gläubigen Juden wiederholten oft das „Höre, Israel“! (Dtn 6,4-9)

Die ägyptischen Mönche des 3. bis 6. Jahrhunderts systematisierten nun das „Stoßgebet“ und fanden nach verschiedenen vorhergehenden Formulierungen schließlich die klassische Formel: „Jesus, Sohn Gottes, erbarme Dich meiner.“

Dieses Gebet hat nun eine wunderbare Aussage und ist in ihrem Wesen trinitarisch. So schreibt der Metropolit Dr. Serafim Joanta:

„Das Jesusgebet ist auch ein trinitarisches Glaubensbekenntnis in sehr konzentrierter Form. In ihm bekennen wir Jesus als den Sohn Gottes und wahren Gott; wir bekennen auch Gott-Vater als Vater unseres Herrn Jesus Christus und wir bekennen auch, wenn auch indirekt, den Hl. Geist, denn niemand kann sagen, dass Jesus Gott ist, wenn er nicht im Hl. Geist ist (vgl. 1 Kor 12,3). Eigentlich betet der Hl. Geist in uns und für uns, und dies mit unaussprechlichen Seufzen (vgl. Röm 8,26). Das Jesusgebet ist, wie jedes andere Gebet, ein Gebet im Heiligen Geist.“

Wir bitten mit dem Herzensgebet um Gottes Erbarmen! Der letzte Teil des Herzensgebetes stammt aus dem Lukasevangelium, wo der Zöllner in Demut spricht: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lk 18,13)

Das Gebet erlebte eine Blütezeit zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert auf dem Berg Athos! Diese Insel bei Griechenland ist nur von Mönchen bewohnt! Sie leben in Klöstern oder auch in Einsiedeleien!

Vom Athos aus gelangte dann das Gebet schon bald nach Russland und fand dort große Verbreitung! Im 16. Jahrhundert kam es zur Blüte! In einer weiteren Phase der Ausbreitung des Herzensgebetes im 19. Jahrhundert erfuhr dieses Gebet eine große Intensität, weil es viele sog. Starzen (Lehrer des geistlichen Weges) gab, die ihren Erfahrungsschatz mit diesem Gebet den Menschen weitergaben!

Die Praxis des Herzensgebetes schlug sich auch in der Literatur nieder! Eines der bekanntesten Bücher heißt: „Die aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers“, von einem unbekannten Verfasser!

Es dürfte der göttlichen Vorsehung entsprechen, daß dieses Gebet nun auch im Westen Ausbreitung findet, denn wir können nicht übersehen, daß der katholische Westen geistlich wie ausgehungert wirkt! Nicht wenige Menschen suchen daher nach östlichen Meditationsformen, um einen Weg nach Innen und in die Stille zu finden! Doch sind solche Wege aus christlicher Sicht nicht unproblematisch, weil sie sich Einflüssen anderer Religionen öffnen, die neben Wertvollem auch noch viele Irrtümer enthalten und so leicht zur Verwirrung beitragen können!

Das Herzensgebet hingegen – wenn es in der rechten Weise praktiziert wird – ist eine große Hilfe und kann in die Vorhalle der Kontemplation führen! Deshalb ist es besonders jenen zu empfehlen, welche ihr Gebetsleben intensivieren wollen!