Die Schule der Demut

„Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“ (Lk 1,48a)

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Lk 17,7-10

Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.

Es gibt wohl kaum einen Text im Neuen Testament, der uns so eindeutig in die Demut führen kann, denn er stellt uns in die Wirklichkeit unseres Daseins in der Nachfolge des Herrn! Was auch immer der Herr uns anvertraut – und seien es die größten Aufgaben – für uns ist es wichtig, dieses Wort in der Tiefe zu realisieren. Wir tun nur das, was unsere Aufgabe ist, und jedes persönliche Sichüberheben und der damit verbundene Aufbau der eigenen Person ist von Übel. Wir sind es der Liebe Gottes schuldig, das Unsrige zu tun, um den Dienst durchzuführen. Wie Gott es uns in seiner unendlichen Großzügigkeit anrechnet und bewertet, das werden wir in der Ewigkeit sehen. Wir dürfen hoffen, daß unser Lohn darin besteht, ihm ganz nahe zu sein und so lange tun wir das, was uns aufgetragen ist, mit dem Blick auf ihn…

Um es nicht falsch zu verstehen: Es geht nicht darum, etwa die Haltung eines unterdrückten Sklaven anzunehmen und dem Herrn in Unfreiheit zu gehorchen! Wir können dieses Wort aber als einen Ratschlag des Herrn betrachten, der großen Gefahr des Stolzes entgegenzuwirken. Dieser ist nämlich das wirkliche und gefährliche Übel, welches uns befallen kann. Wir erinnern uns, daß der Stolz der Grund war, warum der Satan nicht mehr dienen wollte; und der Stolz – nämlich wie Gott sein zu wollen (vgl. Gen 3,5) – wirkte auch bei der Ursünde mit!

Wie aber ist dieser Stolz zu überwinden, der uns so leicht begleitet und sich schnell in unser Herz einnistet? Nehmen wir das uns gegebene Beispiel als Schulung auf unserem Weg:

Wir merken, daß wir etwas gut gemacht haben. Die Freude daran ist legal. Doch um zu vermeiden, daß der Stolz einzieht, welcher dann die Erhöhung der eigenen Person zur Folge hat, gilt es, zunächst dem Herrn zu danken. Nur mit seiner Hilfe – sei es direkt oder indirekt – war die gute Tat möglich. Die Dankbarkeit bewahrt uns schon in einem ersten Schritt davor, auf uns selbst zu schauen und die eigene Person zu erhöhen. Verdanken wir uns bewußt einem anderen – nämlich dem Herrn – dann öffnen wir unser Inneres zu Gott hin und realisieren die gegebene Situation in der rechten Weise.

So kann man sich also hinter dem guten Werk verbergen, d.h. man stellt es nicht heraus, um entsprechende Reaktionen bei anderen Menschen hervorzurufen. Wir haben nur unsere Pflicht getan, und alles, was an Lobenswertem dabei geschehen ist, sollten wir dem Herrn anrechnen. Loben uns andere Menschen, dann tragen wir das zu Gott und setzen es so in das rechte Verhältnis.

Es wird nicht zu vermeiden sein, daß uns trotzdem stolze und eitle Gefühle bedrängen. Ihnen können wir aber unsere Zustimmung verweigern und sie im Gebet überwinden. Hier ist das Gebet auch eine Art geistliche Selbsterziehung, um uns in die rechte Haltung Gott gegenüber zu führen. Hilfreich ist die Anrufung des Heiligen Geistes und auch die Meditation entsprechender Stellen der Heiligen Schrift. Mit der Zeit werden dann die bedrängenden Gedanken und Gefühle schwächer werden, denn wir haben ihnen unsere Einwilligung versagt. Der Herr kennt unsere Bemühungen und wird auf unsere Absicht schauen und nicht auf Gefühle und Gedanken, die wir nicht wollen.

Indem wir uns konsequent von allen Haltungen in uns distanzieren, die im Widerspruch zum Weg der Nachfolge Christi stehen, und uns mit der Hilfe Gottes in die richtigen Haltungen einüben, wirken wir auch bei unserer inneren Reinigung mit. Denn wenn wir in den konkreten Fällen unserem Stolz und den entsprechenden Gedanken und Gefühlen mit der Anrufung des Heiligen Geistes begegnen, dann wird dieser immer schwächer und wir haben Schritte in die richtige Richtung zurückgelegt.

Wie befreiend wird es sein, wenn sich dieses Wort des Herrn immer mehr in uns verwirklicht und wir alles tun, ohne besonderes Aufsehen zu erregen, ohne auf uns fixiert zu sein und uns rühmen zu müssen – eben wenn wir alles zur Ehre des Herrn tun, die ihm alleine gebührt!