Die Veränderungsbereitschaft

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„Legt den alten Menschen ab, der in Verblendung und Begierde zugrunde geht, ändert euer früheres Leben und erneuert euren Geist und Sinn! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“(Eph 4,22).

Dieser neue Mensch soll in uns wachsen, der nach dem Bilde Christi geformt ist, ein Mensch, der lebt, wie der Herr gelebt hat, oder anders ausgedrückt: in dessen Leben Christus in Liebe regieren und mehr und mehr sein übernatürliches Leben in ihm entfaltet kann.

Gott schenkt uns für eine solche Umwandlung alles, was nötig ist! Wir erhalten dieses neue Leben als großes Geschenk in der heiligen Taufe! Doch ob es sich entfalten kann, das hängt davon ab, ob wir mit der Gnade mitwirken: „Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid“ (1 Kor 5,7).

Was liegt nun an uns?

Einmal bedarf es des Verlangens, ein neuer Mensch in Christus zu werden! Wenn wir uns unserer Sündhaftigkeit bewußt sind, also tief wissen, wie notwendig unsere Erlösung ist, dann rufen wir aus ganzem Herzen: „Komm, Herr, laß mich ein anderer Mensch werden!“

Derselbe Ruf erklingt, wenn wir unserer Berufung entsprechen wollen und immer wieder unter Schwierigkeiten zu leiden haben, die noch aus der Tiefe des „alten Menschen“ kommen: „Komm, Herr, laß mich Dir ähnlich werden!“

Während der erste Ruf mehr wie ein Ruf nach Erlösung klingt, damit der Herr uns von dem Elend unseres alten, egoistischen und zur Sünde neigenden Menschen befreie, klingt im zweiten Ruf an, daß wir uns danach sehnen, unserer Berufung in Gott ganz zu entsprechen und fruchtbar zu werden für das Reich Gottes! Es  braucht beide Rufe, die aus der Tiefe des Herzens aufsteigen sollten!

In der wahren Übergabe an den Herrn schließen wir ein, daß wir uns völlig von ihm umgestalten lassen wollen und ihm keine Schranken auf diesem Weg der Umwandlung setzen! Es braucht also diese unsere Veränderungsbereitschaft, damit der Herr wirken kann! In der biblischen Terminologie heißt dies: „Das Absterben des alten Menschen.“

Das ist gewiß eine Herausforderung, denn allzu oft sind wir noch in unserer menschlichen Natur verhaftet und handeln aus ihr! Es ist uns noch nicht ausreichend klar, daß unsere menschliche Natur ja verwundet ist und, wenn wir primär aus ihr leben und damit häufig auf unser Ich bezogen bleiben, keine übernatürliche Sicht gewinnen können!

Die Heilige Schrift läßt uns darüber nicht im Unklaren, daß es nötig ist, auf dem Weg der Umwandlung das rein natürliche Denken und Handeln zu überwinden und von Gott her die Dinge zu sehen – in seinem Licht!

Hören wir zu diesem Thema Dietrich von Hildebrand, der uns den Mangel an Veränderungsbereitschaft – auch bei gläubigen und ernsthaften Katholiken – vor Augen hält:

„Es gibt viele gläubige Katholiken, die nur eine bedingte Veränderungsbereitschaft besitzen. Sie geben sich Mühe, die Gebote zu halten und die Eigenschaften abzulegen, die sie als sündig erkannt haben. Aber sie besitzen nicht den Willen und die Bereitschaft, im Ganzen ein „neuer Mensch“ zu werden, mit allen rein natürlichen Maßstäben zu brechen, alles im übernatürlichen Licht zu betrachten, sie wollen sich nicht zur völligen „Metanoia“, zur eigentlichen „Umkehr“ entschließen. Sie halten darum mit gutem Gewissen an alldem fest, was nach natürlichen Maßstäben ihnen berechtigt erscheint. Sie verbleiben mit gutem Gewissen in ihrer Selbstbehauptung, sie fühlen sich z.B. nicht verpflichtet zur Feindesliebe, sie erlauben ihrem Hochmut, sich in gewissen Grenzen zu entfalten, und halten es für ihr gutes Recht, alle Demütigungen in natürlicher Reaktion abzuwehren. Sie erheben den selbstverständlichen Anspruch, geachtet zu werden in der Welt, sie wollen nicht als Toren Christi gelten – sie räumen der  Menschenfurcht in gewissen Grenzen ein Recht ein, sie wollen auch in den Augen der Welt bestehen können.“

Wir merken, daß wir in einen ernsteren Bereich der Nachfolge des Herrn eintreten, der über ein religiöses Leben hinausgeht, welches die Notwendigkeit der inneren Verwandlung noch nicht erfaßt hat! Manche werden möglicherweise einwenden, daß diese spezielle Intensität der Nachfolge Christi doch primär für Ordensleute und besonders gottgeweihte Seelen zu gelten hat!

Das ist jedoch nicht richtig!

Sicher sind jene, welche die Welt um Christi willen verlassen haben, in besonderer Weise diesem Ruf verpflichtet, denn ihr ganzes Leben ist ja schon in der Wahl der Lebensform darauf ausgerichtet! Doch denken wir daran, daß der heilige Paulus seine Briefe an Gemeinden schreibt und damit alle Christen im Blick hat! Es ist also jeder angesprochen, der dem Herrn mit ganzem Herzen nachfolgen möchte!

Fassen wir diese Betrachtung zusammen! Um eine intensive Nachfolge Christi zu leben, bedarf es der Sehnsucht, ein anderer Mensch zu werden, ein Mensch, der immer mehr dem entspricht, was ihm der Herr in der heiligen Taufe geschenkt hat!

Wir müssen bereit werden, uns ganz von ihm umwandeln zu lassen, den „alten Menschen“ auszuziehen und bei dieser Umwandlung mitzuwirken!

Die innerste Ausrichtung konzentriert sich ganz auf Gott und will ihm gefallen!

Wenn wir diese Sehnsucht nicht genügend in uns wahrnehmen oder sogar innere Sperren gegen eine Verwandlung in uns spüren, dann sollten wir innig den Heiligen Geist bitten, uns das Verlangen zu schenken, uns vom Herrn umwandeln zu lassen! Wir brauchen nicht zu fürchten, daß wir etwas verlieren, was zu unserem Wesenskern gehört, den Gott uns geschenkt hat! Wohl aber werden wir verlieren, was in uns nicht wirklich zum Bild Gottes gehört!